Dr. Wilhelm Steinbach

Der Name „Steinbach“ geht auf den Stifter Dr. Wilhelm Steinbach (1903-1976) zurück, der Anfang der 1960er Jahre den Bau des damaligen Altenheimes Haus Steinbach initiierte. Er wollte ein vorbildliches Haus für alte Menschen bauen. Wenn er das Wort Stifter auch nicht gerne hörte, überhaupt seinen Namen zunächst nicht genannt haben wollte im Zusammenhang mit dem Heim, dessen Bau er anregte, vorantrieb und ganz wesentlich mitfinanzierte.

 Einzelheiten zu Planung und Entstehung des neuen Altenheims fanden sich in einer Serie von Artikeln lokaler und regionaler Zeitungen aus den Jahren 1961 bis 1963. Ein Mehlemer Bürger, steht dort, beabsichtige, das Rote Kreuz als Erbe für sein Vermögen einzusetzen, wenn das DRK sich verpflichte, ein Heim für alte Menschen zu bauen und zu unterhalten. Eine Musteranlage für Altenheimneubauten in der Bundesrepublik solle es werden. Die Beschreibungen sind enthusiastisch: ein Wohnheim mit überwiegend Einzelzimmern, ein jedes mit eigener Toilette und Waschgelegenheit, Wohnungen für Ehepaare, Pflegeabteilung. 88 Betten insgesamt. Balkone mit Blick auf die herrliche Rheinlandschaft, großzügige Speise- und Gemeinschaftsräume, ein Musikzimmer, Leseraum und Bibliothek. Die „große Freiterrasse, wo ein Springbrunnen sprudelt“, der weiträumige Garten mit altem Baumbestand…

Man begann, erfährt man, im Dezember 1961 mit Abbrucharbeiten, denn auf dem parkartigen Gelände stand eine alte Villa, laut „General-Anzeiger“ zuletzt Familienerholungsheim der Caritas. Zum Richtfest nennt die „Rundschau“ Namen: die Architekten Peter Knaak aus Siegen und Dipl.-Ing. Wolfram Stolle aus Bad Godesberg, den Initiator Dr. Steinbach, viel Prominenz von Stadt, Kreis, Land und DRK. Zur Vollendung des Baus mehr über die Finanzierung. So schreibt die „Siegener Zeitung“: „Dr. Wilhelm Steinbach, das 59-jährige alleinige Vorstandsmitglied der Eiserfelder Steinwerke AG, brachte in die Stiftung einen Vermögenswert von 1 Mill. DM ein und sorgt weiter durch seinen Einfluss in westdeutschen Wirtschaftskreisen für großzügige Spenden.“ An die drei Millionen DM werde der Bau kosten, die aus besagter Stiftung, Eigenmitteln des DRK, Zuschüssen von Stadt und Landkreis und Landeswohnbaumitteln aufgebracht würden.

Schließlich die Einweihungsfeier nach etwa eineinhalb Jahren Bauzeit. Bundespräsident Lübke spricht über die Lebensprobleme alter Menschen und rühmt Bürger- und Gemeinsinn Dr. Steinbachs, der vom Präsidenten des DRK, Ritter von Lex, mit dem Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes ausgezeichnet wird. Der DRK-Landesverband Nordrhein hat zur Eröffnung eine Festschrift aufgelegt.

Soviel zum Bau. Über dessen „geistigen Vater“ fand sich in den Zeitungen wenig. Erst ein Empfang anlässlich seines 65. Geburtstags im Hotel Arera Ende 1968 war Anlass zu Rückblicken auf Steinbachs beruflichen Werdegang. Geboren in Düsseldorf. Studium der Volks- und Betriebswirtschaftslehre und Promotion an der Universität Köln. Zunächst Organisations- und Leitungsaufgaben in Produktionsbetrieben verschiedener Sparten. Seit 1937 alleiniger Vorstand der Eiserfelder Steinwerke AG (Siegen). Tätigkeit in Aufsichtsräten und Beiräten der eisenverarbeitenden und Maschinenindustrie. Mitbegründer und Vorsitzender des Bundesverbandes Natursteinindustrie und vielfältige weitere ehrenamtliche Tätigkeiten in Organisationen der gewerblichen Wirtschaft und wissenschaftlichen Instituten.

Das Bild wurde abgerundet, als 2003 für einen Artikel im SteinbachBoten zu seinem 100. Geburtstag Mehlemer Freunde Dr. Steinbachs, das Apotheker-Ehepaar Erwin und Herta Finger, sowie der Architekt Wolfram Stolle bereit waren, aus ihren Erinnerungen an ihn zu erzählen.

Wilhelm Steinbach hatte es nicht leicht gehabt. Als Waise hatte er sich sein Studium durch Arbeit in Hotelküchen selber finanziert. So verstand er etwas vom Kochen und von guten Weinen. Und so habe es ihm später, als in seinem „Mehlemer Eck“ in der Mainzer Str. 151 das Ehepaar Richter ein renommiertes Restaurant führte, Freude gemacht, an der Erstellung der Speisekarte mitzuwirken. Er wohnte in Mehlem im Haus Kriemhildstr. 10, das - wie das Mehlemer Eck und sein ganzes noch verbleibendes Vermögen - nach seinem Tod an das DRK ging. Er war verheiratet mit Johanna Steinbach, geb. Eul. Die Ehe blieb kinderlos. Seine Frau war viel krank, die letzten Jahre ihres Lebens pflegebedürftig. Er kümmerte sich um sie, bis sie sechs Jahre vor ihm verstarb. Die Hilfe des von ihnen gestifteten Altenheims hat keiner von beiden in Anspruch genommen.

Der Gedanke an den Bau eines Altenheims hatte Steinbach schon viele Jahre beschäftigt. In Mehlem gab es damals noch keines. Und er wollte etwas Sinnvolles mit seinem Vermögen anfangen. Die Gerontologie oder Altersforschung war ein noch junges Fach, die Betreuung einer zunehmenden Zahl von alternden Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht bei ihrer Familie wohnen konnten, eine neue Herausforderung. Neue Wohnformen wurden diskutiert, und Steinbach war begeistert: „Es kommt mir darauf an, jeden Anstaltscharakter zu vermeiden und ein Hotel für alte Dauerwohngäste zu schaffen, mit allen Bequemlichkeiten, aber auch mit allen Möglichkeiten individueller Lebensgestaltung.“ Bahnbrechend die Einteilung des Heimes in drei Stufen, das Appartementheim, das Wohnheim und das Pflegeheim, die den Bewohnern auch im Krankheitsfalle ein Bleiberecht bis zum Lebensende garantierte.

Erst als sein Plan Gestalt angenommen hatte, machte Dr. Wilhelm Steinbach sich auf die Suche nach einem geeigneten Träger. Überkonfessionell sollte er sein - Steinbach selbst war konfessionslos. Seine Wahl fiel auf das Deutsche Rote Kreuz. Es folgte eine Zeit intensiver Zusammenarbeit. Ob Mittelbeschaffung oder Bauleitung, Steinbach war immer mit dabei. Er kam - obwohl zu dieser Zeit noch im Beruf - fast täglich auf die Baustelle. Um alles kümmerte er sich, besorgte, was noch fehlte - sei es eine einzelne Gartenbank, seien es ganze Wagenladungen besonderen Natursteinmaterials für Eingangsbereich, Speisesaal oder Terrasse. 

Er hatte noch weitere Pläne: Auf dem benachbarten Gelände sollten Altenwohnungen entstehen, ein „Haus der offenen Tür“ und vieles mehr. Aber dazu reichten die Zeit und seine Kräfte nicht mehr, das haben andere nach ihm gemacht.

Was für ein Mensch Wilhelm Steinbach war? Sein Lebenswerk sagt fast genug. Er selber drängte sich nicht in den Vordergrund. Trotzdem ein Versuch, ihn nach den Beschreibungen derer, die ihn kannten, zu charakterisieren. Er war geradlinig. Unermüdlich und zielstrebig in der Verwirklichung seiner Vision. Selbstbewusst und energisch. Humorvoll, manchmal ironisch, aber immer mit dem nötigen Schuss Selbstironie. Er war umfassend gebildet, ein Sammler wertvoller Buchausgaben, Musikfreund mit großer Plattensammlung, viel Wagner dabei.

 Als der Bau vollendet war, hat er die Geschicke des Heims stets weiter verfolgt. Dorthin führten ihn später seine täglichen Spaziergänge. Dort auf dem schönen Gelände lag seine Frau begraben. Und dort fand auch er seine letzte Ruhe.

1999 sollte das DRK-Altenheim Haus Steinbach geschlossen werden. Das Haus hatte 45 Jahre gute Dienste für das Gemeinwesen geleistet, war seinerzeit allerdings für eine andere Zielgruppe gebaut. Eine hauseigene Bibliothek, ein gemeinsamer Speisesaal, Gemeinschaftsbäder und Bereiche, die nur über Treppe zu erreichen waren, usw. zeugten davon. Die technische Ausstattung war naturgemäß veraltet, Sicherheitsstandards nicht mehr gewährleistet. Der Verkauf des Hauses war bereits beschlossene Sache.

Doch erhebliche Proteste seitens der Bewohner, Angehörigen zuletzt auch der Öffentlichkeit und der Politik sorgten für ein Umdenken beim Träger. Die Stadt Bonn unterstützte das Vorhaben mit einem umfangreichen Zuschuss.

Es ist - nach Abriss und Neubau - nicht mehr dasselbe Gebäude, in dessen Eingangsbereich das Foto Von Dr. Wilhelm Steinbach hängt. Und doch ist es noch sein Haus. Sein Name zog mit um. Auf ausdrücklichen Wunsch der damaligen Bewohner und Angehörigen: Seniorenhaus Steinbach!